Der Reformstaatsvertrag für ARD, ZDF und Deutschlandradio ist in wichtigen Teilen rückwärtsgewandt und weltfremd. Vor allem die Beschränkungen bei den Online-Angeboten sind eine Fesselung der Sender und wirken sich negativ auf deren Zukunftsfähigkeit aus. „Das bedeutet eine mutwillige Schwächung der öffentlich-rechtlichen Sender“, sagt Hubert Krech, Sprecher der AGRA, das ist „ein Einknicken der Politiker vor den Verlegern.“
Wir sehen bei der Frage der „Presseähnlichkeit“ zwar eine leichte Verbesserung zu früheren Plänen der Rundfunkkommission, jedoch sind die neuen Vorgaben eine deutliche Verschlechterung zum Status Quo: In Zukunft sollen ARD, ZDF und Deutschlandradio nur noch in wenigen Ausnahmefällen Texte veröffentlichen dürfen, zum Beispiel bei Livetickern zu aktuellen Ereignissen, Faktenchecks oder zu schon im Fernsehen oder Radio abgespielten Sendungen.
Das alles widerspricht dem Auftrag, alle Menschen – vor allem jüngere – zu erreichen, die sich immer mehr über die Weltlage vornehmlich online informieren und nicht auf eine Ausstrahlung im linearen Programm warten. Die Gefahr ist groß, dass in Zeiten von Fake News und gezielter Manipulation immer mehr Menschen dazu gezwungen sind, auf unseriöse Quellen zurückzugreifen. Stattdessen wäre eine Stärkung des unabhängigen und ausgewogenen Journalismus notwendig, wie ARD, ZDF und Deutschlandradio ihn bieten – Texte liefern im Netz schnelle Informationen und in vielen Fällen bessere Hintergründe und Analysen. Verlierer der Reform sind also die Nutzerinnen und Nutzer.
Wir kritisieren zudem das Procedere scharf. Eine so weitreichende Reform, die die ganze Gesellschaft betrifft, in so kurzer Zeit durchzuboxen, ist fahrlässig. Dazu stellt sich die Frage, ob die Zehntausende an Eingaben zu den Reformplänen überhaupt ernsthaft geprüft wurden. Zudem wurden weder wir als Programmmacherinnen und -macher in die Reformdiskussion einbezogen, noch wurden die Vorschläge des extra eingerichteten „Zukunftsrats“ ausreichend berücksichtigt
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AGRA – Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Redaktionsausschüsse
Sprecher*innen: Hubert Krech (ZDF), Gabi Probst (RBB), Alexandra Dietz (SWR)
Kontakt: sprecher@agra-rundfunk.de – http://blog.agra-rundfunk.de
Die AGRA ist die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Redaktionsausschüsse (ARD, ZDF, Deutschlandradio und Deutsche Welle). Die Redaktionsausschüsse sind jeweils gewählte Vertreter der Redakteurinnen und Redakteure und setzen sich für die innere und äußere Pressefreiheit ein. Die Redakteursmitwirkung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wurde vom Bundesverfassungsgericht bestätigt und ist in mehreren Bundesländern gesetzlich festgeschrieben.