Die Kontroverse über die Ausrichtung der China-Strategie der Deutschen Welle zieht weitere Kreise. Der Vorstand von „Reporter ohne Grenzen“ sieht die vertraglich angestrebte Kooperation der Deutschen Welle mit dem chinesischen Sender CCTV im Widerspruch zum Mandat seiner Organisation. DW-Intendant Peter Limbourg hat das Kuratorium der Organisation Reporter ohne Grenzen nach einer entsprechenden Aufforderung verlassen ( siehe SZ vom 4.12.).
Viele Mitarbeiter der DW zeigten sich darüber entsetzt und haben sich an den Redakteursausschuss der DW gewandt. Das Ergebnis waren zwei Schreiben an Intendant Limbourg und den Vorstand von Reporter ohne Grenzen, die wir hier dokumentieren.
Sehr geehrter Herr Limbourg,
die Kontroverse zwischen Ihnen und dem Vorstand von Reporter ohne Grenzen hat viele Redakteure in unserem Haus alarmiert.
Ohne die Umstände Ihres „Ausschlusses“ bewerten zu wollen, sehen wir uns veranlasst, auf die jahrelange erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen der DW und ROG hinzuweisen. Dies gilt insbesondere für die Kooperation bei den Bobs, beim Global Media Forum und bei der Unterstützung von durch staatliche Repression bedrohter Journalisten. Erst jüngst hat sich die Organisation vehement für die inhaftierte chinesische Kollegin Gao Yu eingesetzt, die ja auch für die Deutsche Welle tätig war.
Wir möchten Sie heute daher auffordern, die inhaltliche Kooperation der DW mit Reporter ohne Grenzen in allen genannten Bereichen ebenso fortzusetzen wie die Fördermitgliedschaft, ungeachtet Ihres Rückzugs aus dem Kuratorium von Reporter ohne Grenzen.
Viele Kollegen sind in den letzten Tagen ROG beigetreten. Wir sehen darin ein klares Zeichen der Unterstützung für die Ziele der Organisation, dem Sie sich nicht verschließen sollten.
Mit freundlichen Grüßen
Der Redakteursausschuss
Rainer Esser, Nancy Isenson, Dr. Bettina Marx, Kate Müser, Daniel Scheschkewitz
Bonn/Berlin, den 9.12.14
An den Vorstand von
Reporter ohne Grenzen
An den Geschäftsführer Christian Mihr Bonn/Berlin, den 9.12.14Sehr geehrte Vorstandsmitglieder, sehr geehrter Herr Mihr,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 8.12.14 und die darin enthaltenen Erläuterungen.
Der Redakteursausschuss der DW hat das, was Sie die „Neuausrichtung der China-Strategie“ nennen, in der Vergangenheit wiederholt kritisiert. So hat es zum Beispiel am 5.November ein Gespräch mit dem DW-Kolumnisten Frank Sieren gegeben, bei dem dieser für seine –aus unserer Sicht- bagatellisierende Darstellung des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens im Juni 1989 in der DW scharf kritisiert wurde.
Intendant Limbourg hat uns in der Zwischenzeit zugesichert, dass sich die China-Redaktion der DW – wie der Sender insgesamt- auch weiterhin als „Stimme der Freiheit“ versteht und kritisch zu Menschrechtsverstößen in aller Welt äußern werde.
Wir nehmen den Intendanten beim Wort und haben ihn heute zur Fortsetzung der inhaltlichen Zusammenarbeit mit Reporter ohne Grenzen aufgefordert.
Eine Kopie des Schreibens an Herrn Limbourg ist beigefügt.Mit freundlichen Grüßen
Für den Redakteursausschuss der DW
Rainer Esser, Nancy Isenson, Dr.Bettina Marx, Kate Müser, Daniel Scheschkewitz