Rundfunkreform: Jetzt die Journalistinnen und Journalisten stärken!
Brief der öffentlich-rechtlichen Redakteursausschüsse an die Rundfunkkommission
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Zukunftsrat, den Sie eingesetzt haben, hat letzte Woche weitreichende Vorschläge für die Reform von ARD, ZDF und Deutschlandradio vorgelegt. Eine wichtige Forderung des Gremiums ist die Stärkung der Journalistinnen und Journalisten: Es müssten verstärkt Verfahren und Mechanismen bereitgestellt werden, um die programmgestaltenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen und in ihrer Unabhängigkeit zu stärken. Zudem erinnerte der Zukunftsrat an den Auftrag der pluralistischen Berichterstattung (s. Seite 14 des Berichts).
Diese Themen berühren den Kern der inneren Rundfunkfreiheit und damit die Tätigkeiten der Redaktionsvertretungen in den Anstalten. Genau diese essenziellen Punkte haben wir AGRA-Sprecher Anfang Dezember bei einem Treffen mit dem Zukunftsrat erörtert. Wir freuen uns deshalb sehr, dass dieses zentrale Anliegen der Unabhängigkeit in dem Bericht zu finden ist. Auch die Empfehlung einer „kollegialen Führung“, bei der die Entscheidungsfindung nicht länger auf die „oberste Führungsebene“ beschränkt ist, begrüßen wir ausdrücklich.
Wir bitten Sie, dass Sie bei allen Entscheidungen zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks die Innere Rundfunkfreiheit in den Mittelpunkt der Beratungen stellen. Die Journalistinnen und Journalisten sind die Berufsgruppe, die den Meinungspluralismus in den Anstalten garantiert. Das hat auch das Bundesverfassungsgericht schon 1991 bestätigt.
Konkret fordern wir:
- starke Redaktionsstatute in allen Anstalten von ARD, ZDF und Deutschlandradio,
- ein ständiges Rede- bzw. Berichtsrecht der jeweiligen Redaktionsvertretungen in den Rundfunkräten der ARD und des Deutschlandradios bzw. dem ZDF-Fernsehrat und den ggf. neu zu gründenden, vom Zukunftsrat angedachten Medienräten,
- Mitsprache bei allen Reformvorhaben außerhalb und innerhalb der Sendeanstalten, die programmliche und redaktionelle Interessen berühren.
Im Sinne der Rundfunkfreiheit und der unabhängigen Berichterstattung ist es zwingend notwendig, diese Punkte in Landesgesetzen, Staatsverträgen, Verordnungen und Dienstanweisungen in den Sendern zu verankern.
Ausdrücklich begrüßen wir auch das klare Bekenntnis des Zukunftsrats zur politisch unabhängigen Finanzierung, der technologischen Weiterentwicklung, dem Schaffen von Experimentierfeldern und der Stärkung der regionalen Berichterstattung und aller bestehenden ARD-Landesrundfunkanstalten.
Sehr kritisch stehen wir hingegen der angedachten Schaffung einer zentralen ARD-Struktur gegenüber: Eine kritische, pluralistische Berichterstattung ist aus unserer Sicht in einem föderal angelegten Rundfunk nur dann gewährleistet, wenn nicht alles zentral gesteuert wird. Der Binnenpluralismus wird auch durch die aktuell bestehende Struktur vor politischen Durchgriffen bewahrt. Die Schaffung einer zentralen ARD-Anstalt, deren einzelne Glieder nur noch regionale Themen behandeln, halten wir für gefährlich. Es drohen politische Eingleisigkeit und eine Verarmung der Kulturberichterstattung.
Ebenso kritisch sehen wir den Vorschlag zum neuen Finanzierungsmodell und den damit verbundenen nachträglichen Sanktionsmöglichkeiten. Das derzeitige Modell ist nicht ohne Grund vom Bundesverfassungsgericht legitimiert.
Wir hoffen, dass die Vorschläge des Zukunftsrats von den zuständigen Akteuren ernsthaft und ohne Eigeninteressen erörtert werden. Die Vertretungen der Journalistinnen und Journalisten müssen bei allen konkreten Diskussionen über die Reformpläne des Zukunftsrats und anderer Akteure einbezogen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Hubert Krech, Gabi Probst, Alexandra Dietz
Sprecher*innen der AGRA
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AGRA – Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Redakteursausschüsse
Sprecher*innen: Hubert Krech (ZDF), Gabi Probst (RBB), Alexandra Dietz (SWR)
Kontakt: sprecher@agra-rundfunk.de – http://blog.agra-rundfunk.de
Die AGRA ist die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Redakteursausschüsse (ARD, ZDF, Deutschlandradio und Deutsche Welle). Die Redakteursausschüsse sind jeweils gewählte Vertreter der Redakteure und setzen sich für die innere und äußere Pressefreiheit ein. Die Redakteursmitwirkung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wurde vom Bundesverfassungsgericht bestätigt und ist in mehreren Bundesländern gesetzlich festgeschrieben.