WDR Redakteurstatut

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Präambel

Der Westdeutsche Rundfunk Köln (WDR) erfüllt seine Aufgaben aufgrund der in Art. 5 GG garantierten Rundfunkfreiheit und auf der Grundlage des Gesetzes über den Westdeutschen Rundfunk Köln vom 19. März 1985 (WDR-Gesetz). Intendant und Redakteurvertretung stimmen darin überein, dass es für eine demokratisch verfasste Gesellschaft von grundsätzlicher Bedeutung ist, die Rundfunkfreiheit zu wahren und gegen jedwede Eingriffe zu schützen. Deswegen haben sie gemäß § 31 WDR-Gesetz im Einvernehmen das folgende Redakteurstatut aufgestellt.


Artikel 1 Der Programmauftrag des WDR und die eigene journalistische Verantwortung seiner Programmitarbeiter(innen)

1. Der WDR ist als Medium und Faktor des Prozesses freier Meinungsbildung Sache der Allgemeinheit. Der WDR erfüllt seinen Programmauftrag im Rahmen seines Selbstverwaltungsrechts in eigener Verantwortung, insbesondere durch die berufliche Qualifikation und Funktion seiner Programmitarbeiter(innen). Die im Sendegebiet bedeutsamen politischen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen Kräfte und Gruppen gewährleisten die eigenverantwortliche Erfüllung seiner Aufgaben nach Maßgabe der Bestimmungen des WDR-Gesetzes.

2. Aufgabe der Programmitarbeiter(innen) ist es, im Rahmen ihrer vertraglichen Rechte und Pflichten an der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben mitzuwirken. Jede(r) Programmitarbeiter(in) erfüllt die ihm(ihr) übertragenen Programmaufgaben im Rahmen der Gesamtverantwortung der Anstalt in eigener journalistischer Verantwortung; Weisungsrechte der Vorgesetzten und vertragliche Vereinbarungen bleiben unberührt.

3. Kein(e) Programmitarbeiter(in) darf veranlasst werden, in Beiträgen eine seiner (ihrer) Überzeugung widersprechende Meinung oder künstlerische Auffassung als seine(ihre) eigene zu vertreten, eine seiner (ihrer) Information widersprechende Sachangabe als richtig zu bezeichnen oder Sachangaben oder Meinungen zu unterdrücken, die im Rahmen der Aufgaben des WDR zu einer umfassenden, wahrheitsgemäßen Information der Öffentlichkeit gehören.

Artikel 2 Programmitarbeiterinnen und Programmitarbeiter

1. Dieses Redakteurstatut gilt für alle Programmitarbeiter(innen).

2. Programmitarbeiter(innen) im Sinne dieses Redakteurstatuts sind a) angestellte Redakteur(e/innen), Korrespondent(en/innen), Reporter(innen), Dramaturg(en/innen) im Sinne der Vergütungsordnung des WDR (Teil 1 des Vergütungstarifvertrages WDR) in der jeweils gültigen Fassung sowie außertariflich vergütete Redakteur(e/innen); b) andere nach dem Manteltarifvertrag des WDR angestellte Mitarbeiter(innen), soweit sie gelegentlich unmittelbare Programmarbeit leisten.

3. Für nichtangestellte Mitarbeiter(innen), soweit sie unmittelbare Programmarbeit leisten, gelten die Schutzwirkungen dieses Statuts mittelbar nach Maßgabe des Art. 6 Abs. 5.

Artikel 3 Organisation der Programmitarbeiter(innen)

1. Zur wirksamen Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Statut und zur Beteiligung an darauf bezogenen anstaltsinternen Meinungs- und Willensbildungsprozessen geben sich die Programmitarbeiter(innen) eine Organisation nach Maßgabe des § 30 WDR-Gesetz.

2. Die Organisation hat folgende Organe: a) die Redakteurversammlung und b) die Redakteurvertretung.

3. Die Redakteurversammlung wacht über die Einhaltung dieses Statuts und entscheidet in Fragen von grundsätzlicher Bedeutung im Rahmen dieses Statuts.

4. Die Redakteurvertretung bereitet die Redakteurversammlung vor, führt deren Beschlüsse aus und entscheidet auf der Grundlage dieser Beschlüsse und des Statuts über einzelne Angelegenheiten. Sie hat die Redakteurversammlung über alle wesentlichen Fragen zu informieren.

Artikel 4 Redakteurversammlung

2. Die Redakteurversammlung tritt mindestens zweimal im Jahr zusammen. Sie wird von der Redakteurvertretung mit einer Frist von zwei Wochen schriftlich einberufen. Sie ist einzuberufen, wenn mindestens drei Mitglieder der Redakteurvertretung oder dreißig stimmberechtigte Mitglieder der Redakteurversammlung dies schriftlich unter Angabe von Gründen verlangen; in diesem Fall beträgt die Einberufungsfrist mindestens vier Arbeitstage.

3. Die Redakteurversammlung ist beschlussfähig, wenn mindestens fünfundsiebzig stimmberechtigte Mitglieder anwesend sind. Wird Beschlussunfähigkeit festgestellt, so muss innerhalb von zwei Wochen erneut schriftlich einberufen werden; in diesem Fall gilt die Redakteurversammlung als beschlussfähig, wenn mindestens fünfzig stimmberechtigte Mitglieder anwesend sind.

4. Entscheidungen der Redakteurversammlung werden mit einfacher Mehrheit getroffen.

5. An den Sitzungen der Redakteurversammlung können andere angestellte Mitarbeiter(innen) des WDR und nichtangestellte Mitarbeiter(innen), die unmittelbare Programmarbeit leisten, beratend teilnehmen. Ihnen kann das Wort erteilt werden.

6. Redakteurversammlungen können während der Arbeitszeit stattfinden, soweit nicht dienstliche Belange eine andere Regelung erfordern. Die Teilnahme an der Redakteurversammlung hat keine Minderung der Grundvergütung zur Folge. Fahrtkosten, die den nicht am Sitz des WDR beschäftigten Angestellten durch die Teilnahme an einer Redakteurversammlung entstehen, werden im Rahmen der Reisekostenordnung für die Arbeitnehmer des WDR nach den für Inlandsdienstreisen geltenden Sätzen erstattet, soweit der WDR nicht ein Beförderungsmittel zur Verfügung stellt oder nicht eine andere Möglichkeit der Beteiligung besteht.

Artikel 5 Redakteurvertretung [1]

1. Die Redakteurversammlung wählt aus der Mitte aller stimmberechtigten Mitglieder die sieben Mitglieder der Redakteurvertretung. Ihr gehören an a) zwei Vertreter(innen) aus dem Bereich der Fernsehdirektion, b) zwei Vertreter(innen) aus dem Bereich der Hörfunkdirektion, c) als drei weitere Mitglieder, ungeachtet ihrer organisatorischen Zugehörigkeit, wer nach den ersten vier Gewählten die höchsten Stimmenzahlen erreicht hat. Mindestens eines der sieben Mitglieder der Redakteurvertretung soll in einem Landesstudio beschäftigt sein, ein weiteres der Internet-Redaktion angehören.

2. Die Redakteurvertretung wird für zwei Jahre gewählt.

3. Die Redakteurversammlung wählt einen dreiköpfigen Wahlausschuss. Er ist für die Durchführung des gesamten Wahlverfahrens verantwortlich und bleibt zwei Jahre im Amt.

4. Die Wahl der Redakteurvertretung findet grundsätzlich in einer Redakteurversammlung statt, die vom Wahlausschuss in Abstimmung mit der Redakteurvertretung mit einer Frist von drei Wochen einberufen wird. Wählbar ist, wer in der Redakteurversammlung das aktive Wahlrecht hat. Es wird in einem Wahlgang schriftlich und geheim abgestimmt. Jede(r) Stimmberechtigte hat bis zu sieben Stimmen. Stimmenkumulierung findet nicht statt.

5. Wer verhindert ist, an der Redakteurversammlung teilzunehmen, kann vor Beginn der Redakteurversammlung, spätestens bis zum Wahltag 12.00 Uhr, schriftlich oder per E-Mail beim Wahlausschuss Briefwahl beantragen. Der Wahlausschuss versendet am Tag nach der Redakteurversammlung die Unterlagen an alle, die fristgemäß Briefwahl beantragt haben. Bis zum vierzehnten Tag nach der Redakteurversammlung um 17.30 Uhr nimmt der Wahlausschuss die brieflich abgegebenen Stimmen entgegen. Sie werden am fünfzehnten Tag nach der Redakteurversammlung zusammen mit den direkt abgegebenen Stimmen ausgezählt, die bis dahin in der versiegelten Wahlurne bleiben. Der Wahlausschuss veröffentlicht das Wahlergebnis unverzüglich.

6. Scheidet ein Mitglied der Redakteurvertretung aus, so rückt der (die) Kandidat(in) mit den meisten Stimmen aus der Direktion nach, der das ausgeschiedene Mitglied angehörte. Im Fall des Ausscheidens eines der direktionsunabhängigen drei Mitglieder der Redakteurvertretung rückt der (die) Kandidat(in) mit den meisten Stimmen nach. Ist ein Nachrücken nicht möglich, verringert sich bis zum Ablauf der Amtsperiode der Redakteurvertretung deren Mitgliederzahl entsprechend, jedoch darf die Mitgliederzahl fünf Personen nicht unterschreiten.

7. Die Redakteurversammlung kann die Redakteurvertretung mit einfacher Mehrheit durch Neuwahl einer Redakteurvertretung abwählen. Bis zur Wahl einer neuen Redakteurvertretung bleibt die bisherige Vertretung im Amt. Im Fall des Antrags auf Abwahl ist ein neuer Wahlvorschlag der Einladung zur Redakteurversammlung beizufügen. Die Grundsätze über das Wahlverfahren (Absätze 4 und 5) gelten auch für diese Wahlen.

8. Die Mitglieder der Redakteurvertretung nehmen ihre Aufgaben unentgeltlich wahr. Ihnen muss die Ausübung ihrer Tätigkeit in angemessener Weise ermöglicht werden. Aus ihrer Tätigkeit darf ihnen kein Nachteil entstehen.

Artikel 6 Verfahren bei Programmkonflikten

1. Die Redakteurvertretung hat vor allem die Aufgabe, sich nach Maßgabe des Redakteurstatuts, insbesondere im Lichte der Grundsätze des Art. 1, um eine Einigung bei Konflikten in Programmfragen zu bemühen, die zwischen Programmitarbeiter(n/innen) und ihren Vorgesetzten entstehen. Dabei geht es in der Regel um Konflikte, die sich in Wahrnehmung der Programmverantwortung der Anstalt durch Vorgesetzte und der eigenen journalistischen Verantwortung durch den(die) Programmitarbeiter(in) ergeben können.

2. Jede(r) Programmitarbeiter(in), der (die) die Freiheit seiner(ihrer) journalistischen oder künstlerischen Arbeit im Rundfunk als beeinträchtigt ansieht, kann die Redakteurvertretung anrufen, wenn er(sie) dies für erforderlich hält und der vorherige Versuch einer Klärung erfolglos geblieben ist; dem (der) Anrufenden darf daraus kein Nachteil entstehen. Die Redakteurvertretung ist verpflichtet, der Sache unverzüglich nachzugehen. Dabei haben alle Beteiligten im Rahmen ihrer dienstlichen Obliegenheiten unverzüglich an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Die Redakteurvertretung kann einen Fall auch von sich aus aufgreifen.

3. Erscheint der Redakteurvertretung die Beschwerde nach Darstellung des (der) Programmitarbeiter(s/in) als schlüssig, so erörtern die Redakteurvertretung und die hieran Beteiligten rechtzeitig den Konflikt, um Abhilfe zu erreichen. Betrifft der Konflikt eine Gegendarstellung, eine Unterlassungserklärung oder einen Widerruf, so erörtert die Redakteurvertretung dies auch mit dem Justitiar. Bleiben diese Bemühungen um Einigung erfolglos, so erörtert die Redakteurvertretung die Angelegenheit mit dem Intendanten. Vom Ergebnis ihrer Gespräche hat sie die Beteiligten unverzüglich zu unterrichten.

4. Soll ein zur Sendung vorgesehener Programmbeitrag abgesetzt oder nach Inhalt und Sinn in einer Weise verändert werden, die von dem (der) Betroffenen als wesentlich angesehen wird, so hat der (die) insoweit Verantwortliche dies dem (der) betroffenen Redakteur(in) und auf Antrag auch der Redakteurvertretung - grundsätzlich vor der Absetzung oder Veränderung und auf Wunsch schriftlich - zu begründen.

5. Ist bei einem Programmkonflikt nach Art. 6 ein(e) nichtangestellte(r) Mitarbeiter(in) betroffen, so können seine(ihre) Interessen von dem (der) zuständigen festangestellten Programmitarbeiter(in) vertreten werden. Ein(e) nichtangestellte(r) Programmitarbeiter(in) soll nach Maßgabe des Art. 2 Abs. 3 von der Redakteurvertretung angehört werden, wenn er (sie) seine (ihre) Interessen als nicht gewahrt ansieht. Die Redakteurvertretung kann einen Fall auch von sich aus aufgreifen; für das Verfahren gilt Art. 6 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 und 4 entsprechend. Vertragliche Vereinbarungen des WDR mit dem (der) nichtangestellten Programmitarbeiter(in) bleiben hiervon unberührt.

Artikel 7 Schlichtungsausschuss

1. Kann ein Konflikt in Programmfragen zwischen Intendant und Redakteurvertretung nicht beigelegt werden, so tritt auf Antrag des (der) Betroffenen oder der Redakteurvertretung oder des Intendanten der Schlichtungsausschuss gemäß § 30 Abs. 3 WDR-Gesetz zusammen.

2. Der Schlichtungsausschuss gibt sich im Einvernehmen mit dem Intendanten und mit der Redakteurvertretung eine Geschäftsordnung.

3. Der Schlichtungsausschuß beschließt eine Empfehlung an den Intendanten. Folgt der Intendant der Empfehlung nicht, so wird er seine Entscheidung gegenüber dem Schlichtungsausschuss schriftlich begründen und die Redakteurvertretung von der Begründung in Kenntnis setzen.

Artikel 8 Verfahren in sonstigen Fällen

1. Soweit grundsätzliche strukturelle und organisatorische Maßnahmen mit wesentlicher Auswirkung auf das Programm oder auf die redaktionelle Arbeit der Programmitareiter(innen) getroffen werden sollen, ist die Redakteurvertretung vo den Programmdirektoren hierüber rechtzeitig und umfassend zu informeiren. Ihr soll die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben werden. Die Redakteurvertretung ist an den Kriteriengesprächen für leitende Mitarbeiter(innen) der Programmdirektionen nach der Beteiligungsordnung des WDR als eigenständige Berufsgruppe zu beteiligen. Im übrigen bleiben die Regelungen der Beteiligungsordnung des WDR hiervon unberührt.

2. Beteiligungsrechte des Personalrats bleiben unberührt, in Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit des Personalrats fallen, kann die Redakteurvertretung auch eine Empfehlung an den Personalrat beschließen.

3. Die Redakteurvertretung kann Beschlüsse und Stellungnahmen zu Fragen von grundsätzlicher Bedeutung im Rahmen dieses Statuts durch die Pressestelle des WDR veröffentlichen.

Artikel 9 Zustandekommen und Änderung des Statuts

1. Dieses Statut bedarf der Zustimmung der Mehrheit der Programmitarbeiter(innen) gemäß Art. 2 Abs. 2 in einer schriftlichen Urabstimmung. Der Intendant legt das Statut dann dem Rundfunkrat zur Zustimmung nach § 31 S. 2 WDR-Gesetz vor.[2]

2. Dieses Statut gilt auf unbestimmte Zeit. Der Intendant und die Redakteurvertretung können im Einvernehmen Verhandlungen über Änderungen dieses Statuts aufnehmen. Der Intendant oder die Redakteurvertretung können dieses Statut unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalenderjahres kündigen, um Verhandlungen über Änderungen dieses Statuts einzuleiten. Für Änderungen dieses Statuts gilt Abs. 1 entsprechend.
  1. Der Rundfunkrat hat am 18.2.2003 der vom Intendanten und der Redakteurvertretung aufgestellten Änderung des Art. 5 zugestimmt.
  2. Der Rundfunkrat hat am 17.9.1987 dem Redakteurstatut vom 25.8.1987 zugestimmt.